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Turnierausfall setzt auch dem Reit- und Fahrsport zu

Erstellt von Kurt Lautensack | | Römhild

Nach längerer „Corona-Pause“ wurde Mitte Mai auch auf der Grabfeld-Reitanlage „Am Großen Gleichberg“ in Römhild Reitunterricht und Training wieder aufgenommen.

Römhild – Während sich die Fußballer seit einiger Zeit wieder Mannschafts- und Zweikämpfe um Ball und Tore liefern dürfen, müssen Reitsportler weitestgehend auf ihre Meisterschaften und Turniere verzichten, bedauern die Pferdesportler des „Reit- und Fahrvereins Römhild/Grabfeld e.V.“. Auch verhinderte das Corona-Virus vorerst, dass alle guten Dinge drei sind, denn die für den 6.-8. Juni 2020 geplanten offenen Thüringer Landesmeisterschaften im Dressurreiten, die zum dritten Mal in Folge in Römhild stattfinden sollten, fallen aus. Zwar gebe es noch Überlegungen, das Turnier im August nachzuholen, doch dazu müsste sich die Situation in aller Kürze ändern, erklärte die Vereinsvorsitzende Martina Gundelwein, „weil uns sonst die Vorbereitungszeit fehlt“. Zusätzlich stünde ein finanzielles Problem an, denn durch die momentane Situation seien natürlich auch die Sponsoren abgesprungen, weil sie verständlicherweise eigene Probleme zu bewältigen haben. Ein besonderer Dank galt daher allen, die bei allen Schwierigkeiten den RFV weiter unterstützen.

„Bereits vorher abgesagt werden musste das für den 1. Mai diesen Jahres nach der Wettbewerbsordnung (WBO) geplante Freizeitturnier, sehr zur Enttäuschung des Reiternachwuchses“, so Martina Gundelwein. Denn ein solches Freizeitturnier, das bereits im vorigen Jahr auf große Resonanz gestoßen sei, biete natürlich eine hervorragende Plattform zur Nachwuchsförderung im Pferdesport. Einsteiger und Anfänger werden dabei ebenso angesprochen wie Breitensportler, weil es eine ganze Palette an Disziplinen für Pferd und Reiter bereithalte, ergänzt Ehemann Thomas. Das reiche vom Fürzügel-Wettbewerb über die Arbeit mit dem Pferd am Boden bis zur Dressur und dem Springen. Nun hoffen die Vereinsmitglieder darauf, dass zumindest das für den 17. – 20. September geplante Springturnier stattfinden kann.

Trotz aller bisherigen Probleme kann man momentan in strahlende Gesichter der Reiterinnen und Reiter des Vereins blicken, weil sie unter Anleitung ihrer Trainerin und Reittherapeutin Judith Gundelwein wieder mit ihren Pferden trainieren können. Denn vor zwei Wochen konnte, bekanntermaßen unter Auflagen, beim Reit- und Fahrverein Römhild der regelmäßige Reitunterricht und ein fachgerechtes „Arbeiten mit dem Pferd“ auf der Reitanlage „Am Großen Gleichberg“ wieder aufgenommen. Während die Pferdebesitzer nicht ganz auf den Kontakt mit ihren Pferden verzichten mussten, erklärte Martina Gundelwein, haben „die Mädchen ohne eigenes Pferd neun bis zehn Wochen nichts machen können, bedingt durch die Einschränkungen“.

Selbst beim wieder aufgenommenen Grundlagentraining, das u.a. die Bodenarbeit mit dem Pferd beinhaltet und der Abreiteplatz ausreichend Platz bietet, musste Trainerin Judith manche junge Reiterin noch einige Tage vertrösten, aber mit dem Versprechen, dass sie bald wieder auf dem Rücken eines Pferdes sitzen werde. Aber es geht eben momentan nur schrittweise, doch zugucken war natürlich erlaubt, um die erfahrene Reitlehrerin im Umgang mit den Pferden und ihren Reiterinnen zu beobachten. Um ihren Erfahrungsschatz zu erweitern, weilte sie vor genau einem Jahr für fünf Wochen im Westen der USA, in den Bundesstaaten Oregon und Kalifornien zu Kursen bei weltweit anerkannten „Horsemanship“ (engl. Pferdemensch, man könnte auch Pferdeversteher sagen) auf einer Ranch.

Wer hat es nicht schon bewundert und sei es nur im Film gewesen: Ein Mensch ruft sein Pferd und es kommt sofort angaloppiert, stoppt, lässt sich streicheln und zeigt sich entspannt, gehorcht ohne Strick und Zaumzeug. Horsemans nennen es „harmonische Kommunikation“. „Übersetzt steht es einfach für einen fairen respektvollen Umgang zwischen Mensch und Pferd. Dabei geht es um die innere Haltung dem Pferd gegenüber und um dessen körperlichen Signale zu verstehen. Pferde und Besitzer lernen mit- und voneinander. Es geht um gegenseitiges Vertrauen und Respekt“, erklärte die Trainerin. Genau darum sei es bei den Kursen gegangen, bei denen sie ihren Erfahrungsschatz zur Bodenarbeit mit dem Pferd erweitern konnte und es obendrein mächtig Spaß gemacht habe. Und da sie im Verein nicht nur Reitunterricht gibt, sondern auch Pferde ausbildet, sei diese Reise ein großer Gewinn gewesen. Leider habe das Coronavirus die diesjährige Reise in die USA verhindert. Inzwischen stehe sie aber im Kontakt mit dem bundesweit bekannten „Horsman“ Kevin Schneider in Nürnberg.

Beobachtet man eine Weile die Arbeit mit dem Pferd am Boden bei Trainerin Judith Gundelwein mit ihren Schülern, dann sieht man sich in dem vorher Gesagten bestätigt. Will ein Pferd bei einer Reiterin nicht so recht, dann gibt sie wertvolle Hinweise und man ist erstaunt wie gehorsam das Pferd plötzlich ist. Ein weiteres Beispiel soll zeigen, welch gute Arbeit im Verein gemeinsam mit der Reittherapeutin geleistet wird. Es geht um Otto, einem „Rheinisch-Deutschem Kaltblut“, normalerweise ein kräftig gebautes harmonisches Pferd, dessen Rasse sogar zu den gefährdeten Tierrassen gehört, erklärte sein Besitzer Benjamin Kreuzburg. Es steht ruhig und wohlgenährt da, hat ein glänzendes Fell und lässt sich streicheln, doch das sei nicht immer so gewesen, sagte Martina Gundelwein.

Vor einem Jahr habe er das Pferd vom Vorbesitzer sozusagen „frei gekauft“, erklärte der Besitzer. Das Pferd sei verstört gewesen, ließ kaum jemand an sich ran, war vernachlässigt und ungepflegt. Die Beweisfotos auf dem Handy bedurften keiner weiteren Erklärung. Was das Schlimmste gewesen sei, sagten Besitzer und Vereinsvorsitzende, das Pferd hatte unsägliche Schmerzen, weil die Hufe völlig krank waren, was auf falsche oder fehlende Behandlung hinwies, von Strahlfäule über Hufabszesse und anderen Hornkrankheiten. Dank einer guten Zusammenarbeit von Reittherapeutin mit Tierarzt und Hufschmied steht wieder ein gesundes und stattliches Pferd in der Box.

Für Benjamin Kreuzburg war es dabei ein Glücksfall, dass er über einen Bekannten zum RFV Römhild kam, wo er hervorragende Bedingungen vorfand. „Außerdem herrscht im gesamten Team eine prima Atmosphäre“, so Kreuzburg, so dass er nach Ablegen seiner Fahrprüfung seinen „Otto“ bald vor die Kutsche spannen kann. Und dem Verein ist es zu wünschen, dass die Reiterinnen und Reiter ihre Pferde im September wieder für das Springturnier satteln können.

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