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Lockruf Amerika
Was hat es mit dem „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ auf sich, dachten sich Ortschronisten und Museumsmitarbeiter der Stadt Römhild und machten sich auf Spurensuche nach den Auswanderern nach Amerika.
Römhild – Gerade war am vergangenen Freitagnachmittag (30.08.2024) der neugestaltete Viehmarkt eingeweiht worden, lockte bereits die Eröffnung der Sonderausstellung „Auswanderer – Hoffnung und Sehnsucht“ am gleichen Tag knapp 80 Besucher in den Festsaal Schloss Glücksburg. Es ging, wie es der Titel der Sonderausstellung schon sagt, um Auswanderer aus der Region, die in den vergangenen zwei Jahrhunderten ihre Heimat rund um die Gleichberge verließen, um anderswo Fuß zu fassen oder einfach nur ein bisschen Lebensglück zu suchen. Ob ihnen das gelungen ist, dieser und anderen Fragen gingen das Museumsteam um Kerstin Schneider und die Ortschronisten der Stadt Römhild und seiner Ortsteile nach.
Doch von der Idee einer Ausstellung, die bei den Ortschronisten schon vor längerer Zeit vorhanden war, bis zu dessen Eröffnung ist es bekanntlich ein weiter Weg mit einem hohen Arbeitspensum. Doch davor scheuten sich weder die Ortschronisten um den federführenden Henri Eppler, Vorsitzender des Milzer Heimatverein, noch Kerstin Schneider und ihre Mitarbeiterin Hella Licht. Der Zufall sollte ihnen in der Person von Eberhard Wolf zu Hilfe kommen, der in der AG Stadtgeschichte Wasungen aktiv mitarbeitet. Dort fand vor Jahren eine ähnliche Ausstellung bereits statt, so dass ein erster Teil der Ausstellung nicht völlig neu geschrieben werden musste. So entstand in Zusammenarbeit von Museum Glücksburg, den Ortschronisten der Stadt und Eberhard Wolf sowie handwerklicher Unterstützung eine wundervolle, sehens- und lesenswerte Sonderausstellung.
Bereits die Eröffnung sollte sich zu einem besonderen und emotionalen Höhepunkt gestalten, die, wie es die Museumsleiterin bezeichnet, einem kleinen Drehbuch glich. Musikalisch eingeleitet wurde der Abend durch das „Pepitos-Quartett“ um Thomas Gütter. In einer weiteren kurzen Begrüßung durch Bürgermeister Heiko Bartholomäus noch eine besondere Ehrung parat, die zwar nicht die Auswanderer betraf, aber durchaus dem Rahmen der Ausstellung angepasst war. Er gratulierte Kerstin Schneider zu ihrem 40. Dienstjubiläum (01.09.2024), das fast mit der Eröffnung zusammenfiel.
Was dann geschah, hat wohl alle Besucher emotional ein wenig bewegt haben dürfte. Als Ortschronistin Bärbel Freund das Gedicht „Der Auswanderer“ von Ludwig Pfau vortrug, traten als Auswanderer durch die Tür Peter Schüler mit seinen beiden Jungs Malte und Jann, wanderten symbolisch durch den Saal, um auf dem langen Weg nach Amerika von der Heimat Abschied zu nehmen, so wie man es durch das Gedicht nachvollziehen konnte. Und als die Pepitos mit dem Volkslied „ Nun ade, du mein lieb Heimatland, lieb Heimatland ade“ dazu einstimmten, war die Aufbruchsstimmung adäquat nachgestellt.
Vom Festsaal ging es schließlich in den Ausstellungsraum, wo sich der Weg der Auswanderer nach dem Abschied durch die Überfahrt und der Ankunft „im Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, der Registrierung und dem Leben in der neuen Heimat fortsetzt. Die Ausstellung zeigt in einem kurzen historischen Abriss auch die verschiedenen Gründe auf, die zu dieser Auswanderer-Bewegung führte. Übrigens nicht nur nach Nord- und Südamerika (USA, Brasilien), sondern auch Richtung Osten nach Russland (Wolgadeutsche), Ungarn und Rumänien. Es werden Siedlungsschwerpunkte angeführt und auch die Aufbruchstimmung in den „Wilden Westen“ mit Planwagen wie man sie aus Filmen kennt.
Im zweiten Teil, der für Besucher der Region äußerst interessant sein dürfte, wird auch die mühevolle Arbeit aller Ortschronisten deutlich, die Nachforschungen betrieben. Hier geht es um die Auswanderer aus Römhild und seinen 13 Ortsteilen. Selbst die Einheimischen sind erstaunt, wer im 19. Und 20. Jh. alles ausgewandert sind. An ausgewählten Familiengeschichten und deren Namen wird deutlich, dass all diese Namen noch markant sind oder in der Erinnerung der Besucher, ob Brehm, Bischoff, Frank Noll, Krämer oder Hofmann usw.. Der bekannteste unter den Auswanderern dürfte wohl Christian Heurich aus Haina sein, der es als gelernter Bierbrauer in Amerika zum Millionär gebracht hat und vor allem durch seine äußerst wohltätigen Zwecke in seiner Heimat (Region) bekannt ist. Zurück im Festsaal gab es zum Thema der Ausstellung einen sehr interessanten Vortrag durch Eberhard Wolf Wolf aus Wasungen.
Lohnend ist es wohl für jeden interessierten Besucher, auch das Begleitheft zur Ausstellung für 12 Euro zu erwerben. Darin ist alles komplett zusammengefasst, auch mit allen bisher erfassten Namen. So z. B- Römhild mit 74 Auswanderern, Bedheim 53, Simmershausen 31, Milz 43 oder Zeilfeld mit 18, um nur einige Beispiele zu nenne. Die Ortschronistensind aber weiterhin auf der Suche und sind dankbar für jede Information, die sich vielleicht auch durch die Ausstellung ergeben, die natürlich erweitert werden soll. Die Sonderausstellung wird bis zum 30. Oktober 2025 zu sehen sein.