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Humor, Musik und Satire ganz ohne Druck

Erstellt von Kurt Lautensack | | Milz

Nach mehrmaligen Corona bedingten Scheiterns konnte der Milzer Karnevalsverein (MCV) Mitte September im Kulturhaus seinen Bühnenvorhang für den Musik-Comedian Chris Boettcher wieder öffnen.

Milz – „Immer dieser Druck“, so heißt das neueste Programm von Chris Boettcher, mit dem er den Milzern und ihren Gästen über zwei Stunden beste Unterhaltung bot. Gab es in den zurückliegenden anderthalb Jahren durch die Pandemie wenig zu lachen, so machte am Freitag das Zwerchfell wahre Freudensprünge. Das begann bereits mit einer lustigen Ansage mit ein wenig Lokalkolorit zu Milz, bei der Chris Boettcher seine Kenntnisse über den Ort vertieft hatte, schließlich war er nicht das erste Mal hier. Und so ließ er eine kleine Hymne auf Milz folgen, in der er sogleich einiges auf die Schippe nahm. So habe Paris zwar den Arc de Triomphe (Triumpfbogen), aber Milz dafür ein Torhaus. Und was ist schon das Hofbräuhaus in München gegen den „Hirsch“ in Milz. Da würden zumindest noch die Stühle im Biergarten stehen. So beendet er seine Milzhymne und sing, „Was uns am Milz so gut gefällt, es liegt am… schönsten Platz der Welt“.

Das war schon herzerfrischend und ganz ohne Druck, was in Corona-Zeiten ja nicht immer der Fall war. Weil „immer dieser Druck“ da ist, ob bei den Politikern, bei Sportlern oder auch

um „immer gut auszusehen“, ob man im Spiegelbild nicht zu dick oder zu dünn erscheint. Auch Torwart Olli Kahn habe in seiner aktiven Zeit „nach jedem Spiel über wahnsinnigen, immensen, unglaublichen Druck“ geklagt. Ob dieser Druck jetzt als Bayernboss weniger wird? Schon bei Interviews möchte er den Moderator am liebsten in die Ohren beißen, so der Kabarettist.

Chris Boettcher, der nichts weiter als sein Keyboard und einen Gesundheitshocker braucht, wäre kein Musik-Comedian, wenn er nicht parodistisch und wortwitzig manche Songs von beliebten Schlagerstars umgetextet und aufs Korn genommen hätte. So holt er die „Resi mit der Maske“ ab und hetzt manchen Star mit „Atemnot durch die Nacht“. Als Fußballfan kommt er natürlich nicht an den DFB und die Fifa vorbei und aktualisiert den „Viva Colonia“-Hit von den Höhnern und singt von „Fifa Korruptia“. Und prompt kommt ihn da wieder Franz Beckenbauer mit seinem Fußballerlied in den Sinn, das da heißt, „Gute Freunde, die kann man kaufen, gute Freunde, die kosten Geld, aber manchmal ist’s blöd gelaufen, dann erfährt es die ganze Welt“. Dabei erlaubt das Ganze kaum Lachpausen.

Aber auch ehemalige und aktuelle Politiker bekommen ihr Fett weg, so dass auch Trump, Erdogan, Orban, Puthin oder Mergel weiter den Druck aushalten müssen. Auch Florian Silbereisen wird nicht verschont, wobei Chris Boettcher von einer Seereise mit Traumschiff-Käpt‘n Silbereisen abrät. Und dann im Urlaub diese Animateure, die mit ihren Mitmach-Aktionen ständig nerven. So spannt er den Bogen über alle Lebensbereiche bis hin zur Werbung, die, glaubt man den aufgedruckten Zeilen, ewige Schönheit und Gesundheit verspricht.

Auch spart der Comedian natürlich das Gendern nicht aus. Dabei fragt er sich, wie der den Bäcker oder den Metzger anreden soll, sind es Backende oder Fleisch schneidende? Ganz zu schweigen von anderen Berufsgruppen. Und wenn es um Begriffe geht, dann ist er schnell auch bei den Pubertierenden, schaut den Eltern in die Seele (wenn man Kinder hat ist es schön…wenn sie aus dem Haus sind) und übt sich im Jargon der Jugendlichen. Da werde ein Bauchnabel-Piercing zur "Abschleppöse" oder eine Sitzheizung im Auto zum "Muschi-Toaster". Mancher Song mag vielleicht etwas vulgär klingen und an der Gürtellinie tanzen. Doch nicht bei Chris Boettcher, auch nicht wenn er die „Heimscheißer“ oder echt bayrisch das „Bockfotzngsicht“ besingt, das von den Wahlplakaten schaut oder in das man sonst wo blicken muss. Doch auch da lässt sich das Publikum mitreißen und singt bei den Reimen mit.

Chris Boettcher ist auch ein hervorragender Stimmen-Imitator, das er herzerfrischend beim Trio Herbert Grönemeyer, Peter Maffay und Udo Lindenberg beweist. Er parodiert mit wechselnden Songs und typischen Gesten und Mimik. Grönemeyer in seiner auffälligen, manchmal schwer zu verstehenden Gesangsart oder Maffay mit seiner unvergleichlichen Stimme. Dazu Udo Lindenbergs schnoddrige Art mit seinen schürzenden Lippen und der unverwechselbaren Nuschel-Stimme. Und wie sich das Leben dieser drei in einer WG abspielen würde, einfach unnachahmlich köstlich.

Das Publikums dankt ihm am Ende mit langanhaltendem Beifall für ein ungetrübtes Vergnügen und fordert Zugaben. Die gibt es dann auch mit "Howie" Carpendale, der angeblich das „ich“ so nicht sprechen kann. Und sagt Howie eben „Isch heiß so wie isch heiß!“. Und weil Chris Boettcher auch er selbst bleiben will, verabschiedet er sich mit „Ich geh jetzt hinaus und geh meinen Weg“. So bleibt nur zu sagen, danke Chris und danke euch allen vom MCV für tollen vergnüglichen Abend. Nicht ohne den Hinweis, dass der MCV für den 17. Oktober wieder einlädt, dann zum „Kabarettistischen Frühschoppen“ mit Fredi Breunig bei „Brezel, Bier und dumm’s Gebabbel“.

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