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Ein halbes Jahrhundert altes Wahrzeichen ist weg

Erstellt von Kurt Lautensack | |   News | Römhild

Kirchtürme, besondere Gebäude, ein typisches Naturdenkmal oder eben auch bauliche Besonderheiten in der Landschaft haben sich im Laufe der Zeit zu einem Wahrzeichen eines Ortes oder einer Region entwickelt.

Römhild – Ohne Frage waren, so muss man nun sagen, die 10 großen Silos der ehemaligen Bullenendmastanlage LEV „Zu den Gleichbergen“ Römhild e.G. ein solches Wahrzeichen. So wie es vielleicht bis Ende der 1960er Jahre die Seilbahn war, die vom Römhilder Basaltsteinbruch nahe Waldhaus kommend, die Hildburghäuser Straße im anschließenden Abschnitt überquerte und bis zum Basaltwerk neben dem ehemaligen Bahnhof von Römhild führte, so waren es 50 Jahre lang die Silotürme. Es war gewissermaßen die Skyline der LEV Römhild.

Von welcher Richtung man auch nach Römhild und Umgebung blickte, die 10 Türme der Anlage gegenüber der Hartenburg, ca. 1 km von Römhild in Richtung Waldhaus entfernt, waren zu sehen. Ob von der Steinsburg, dem Großen Gleichberg, vom Eichelberg, aus Richtung Mendhausen und Haina blickend oder von Römhild selbst. Nun gibt es sie nicht mehr. Seit vergangenem Dienstag gehört damit ein weiteres Stück Landwirtschaft der DDR, ja ein Stück LPG bzw. LEV-Realität der Vergangenheit an, ist nur noch etwas für die Regionalgeschichte, die in keinem Geschichtsbuch auftauchen wird. Für so manchen Römhilder und seinen Ortsnachbarn waren damit Erinnerungen verbunden. Und wer nicht noch ein Foto im Fotoalbum hat oder noch schnell ein aktuelles geschossen hat, für den ist ein solcher Anblick unwiederbringlich verloren.

Freies Wort wollte mit einem Blick auf diese markante Siloanlage etwas mehr zu ihrer Geschichte und zum Abrisstermin erfahren. Was lag da näher als eine Rückfrage bei der LEV (genaue Bezeichnung: Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung „Zu den Gleichbergen“ Römhild eG). Vom Vorsitzenden und Geschäftsführer der LEV, Udo Schubert, war zunächst zu erfahren, dass es einen Eigentümerwechsel gegeben habe. Die LEV habe die gesamte Anlage an die Firma „Detert Zuchttiere“, einem in Gronau-Epe (Westfalen) ansässigen Unternehmen verkauft. Zur Firma gehört u.a. auch die „Schweinezuchtanlage Werra Obermaßfeld“, wie der dortige Anlagenleiter Sebastian Schleicher auf Anfrage bestätigte. Seit August gehöre auch die Anlage in Römhild dazu, die mit in seinem Verantwortungsbereich liege, so Schleicher. Da man gegenwärtig dabei sei, die Anlage zu verändern bzw. umzustellen, erklärte der Anlagenleiter, werde gegenwärtig die Schweinemastanlage nur mit einer begrenzten Stückzahl besetzt. So viel zu den momentanen Eigentumsverhältnissen. Ein genauer Zeitpunkt war nicht zu erfahren, so dass die in sich zusammenfallenden Silos wohl nur einem dortigen Anwohner nicht entgangen waren.

Zur Geschichte: In einer von Udo Schubert zur Verfügung gestellten kleinen Schrift aus dem Jahr 1981, in der die Entwicklung der Landwirtschaft im Grabfeld von 1945 bis 1980 dargestellt wird, heißt es dazu: „Am 22. Dezember 1970 übergab das Landbaukombinat die Endmastanlage der LPG „Grabfeld“ Römhild. Mit der Einstallung der ersten 800 Tiere konnte am 7. Januar 1971 begonnen werden“. Einer der die Entwicklung ganz genau kennt und sie von Beginn an miterlebt hat, also seit dem (erzwungenen) Beitritt aller Bauern zur LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft), ist Diplom-Landwirt Manfred Gundelwein aus Haina. Als Vorsitzender des Kooperationsrates, ab 1975 Vorsitzender der LPG Tierproduktion „Grabfeld“ Römhild, 10 Jahre später Vorsitzender der LPG Pflanzenproduktion und schließlich nach der Wende bis zu seinem Ausscheiden 2004 Vorsitzender der LEV Römhild, ist er gewissermaßen ein Insider der Entwicklung der Bullenmastanlage.

Seines Wissens war diese Bullenendmast-Anlage mit ihren 10 Silotürmen für Silage ein kolossaler Fortschritt und einmalig im damaligen Bezirk Suhl. „Es war die erste industriemäßige Endmastanlage und eine zweite baugleiche Anlage gab es nur noch in Bockwen-Polenz im Landkreis Meißen“ erinnert sich Manfred Gundelwein. Gerade zu den Arbeiterfestspielen 1978 mit Veranstaltungsort Römhild sei die Anlage Vorzeige- und Prestige-Objekt gewesen. Über 1500 Bullen seien hier zur Endmast eingestellt worden, die über diese Siloanlage mit Futter versorgt wurden, während die Vormast in Haina erfolgte. 2005 sei die Anlage zur Schweinemastanlage umgebaut worden, ergänzte seine Frau Mechthild, ehemalige Mitarbeiterin in der LEV-Verwaltung. Die Silotürme wurden stillgelegt. Die Bullenmast wurde nach Haina verlagert, wo jetzt auch die neue Stallanlage mit der 2015 eröffneten Milchviehanlage steht, so der ehemalige LEV-Chef.

Doch noch heute ist Manfred Gundelwein ein wenig stolz auf den Namen LEV „Zu den Gleichbergen“, sagt er, habe er doch die Idee mit dem unverwechselbaren Namen gehabt. Die LEV arbeitet heute noch erfolgreich und ihre Fleischereierzeugnisse kennt man von den Filialen in Heldburg bis Schleusingen, das einstige weithin sichtbare Wahrzeichen aber, die Silotürme, sind nach 50 Jahren endgültig Geschichte.

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