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Der Kalte Markt in Römhild

Erstellt von Kurt Lautensack | | RömhildKalter Markt

Seit 43 Jahren arbeitet Isabella Kariton in der Stadtverwaltung, in der sie insgesamt über 35 Jahre als Mitarbeiterin der Stadt den „Kalten Markt“ begleitete.

Römhild – Der Kalte Markt 2019 mit seinem (Rand)Geschehen ist Geschichte, doch „nach dem Markt ist vor dem Markt“, um es mit geflügelten Worten auszudrücken. Und so wird auch am Wochenende beim Römhilder Karneval am Schluss wieder gesungen werden: „ja mir könnes kaum erwatt, ball is widder Kalter Matt“. Für Isabella Kariton aber war es der letzte Kalte Markt, zumindest als Marktleiterin. Denn im nächsten Jahr wird sie ihn als Ruheständlerin miterleben und ihn auf andere Art und Weise genießen können. Und so kann sie ein wenig abgewandelt das Lied mitsingen, in dem es heißt: “… vorbei, doch ich bin zefriede, die Erinnerung am Matt is mir gebliebe“.

Denn von den 35 Jahren war sie 19 Jahre Marktleiterin, davon durchgehend ab 2006 bis heute und zuvor 16 Jahre als Stellvertreterin und könnte wohl ein Buch darüber schreiben. Schon zu DDR-Zeiten sei sie für fünf Jahre Marktleiterin gewesen, bevor einige Jahre vor der Wende bis 2005 Marianne Mahn diese Aufgabe übernommen habe, erinnert sich Isabella Kariton. Vor allem der 1980er Jahre sei die Zahl der Händler wieder gestiegen, was sich nach der Wende noch fortgesetzt habe. Inzwischen kommen sie aus ganz Deutschland, von Hamburg bis zum Bodensee und von Rheinland Pfalz bis Sachsen und füllten aktuell 213 Standplätze. „Als Marktleiterin hatte ich die Aufgabe, ebenso wie zuvor meine Kollegin, mit den Händlern Kontakt aufzunehmen, ihnen ihren Platz zuzuweisen und natürlich auch das Standgeld zu kassieren“, erklärte Isabella Kariton.

Zum Kalten Markt war immer etwas los, wie man auch aus den Erzählungen der Römhilder weiß. „Da es ja sehr bald in der Frühe losging, zu Beginn war es noch stockdunkel und wir zogen mit Taschenlampen umher“, weiß auch die Marktleiterin Isabella noch aus ihrer Anfangszeit, seien die begehrten Raritäten schon vor dem Mittag längst weggewesen. „Lange Zeit die Renner waren Wachstücher, Keramik- und Strickwaren“, natürlich auch der Kleintier- und Taubenmarkt, aber auch bei anderen Dingen seien die Besucher fündig geworden. Und wenn nicht, dann war da immer noch das „Deutsche Haus“ auf dem Viehmarkt „der Mittelpunkt“, wo es gerade in den 1950er Jahren schon hoch herging (In dieser Zeit kam es auch zur Gründung der RKG). Manches kennt sie aus Erzählungen, aus ihrem vorhandenen Archivmaterial oder aus ihrer Schulzeit. So wird in einer Anzeige von 1957 auf den „Kalten Markt am Donnerstag, den 31. Januar als Kram- und Taubenmarkt“ verwiesen und darauf, dass von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr in der HOG (HO-Gaststätte) Deutsches Haus eine „Große Tanzveranstaltung mit der Kapelle Schumann“ stattfindet.

Sie erinnerte sich auch noch gut an ihre Schulzeit, als ihre Klasse zur Pockenschutzimpfung in die Arztpraxis von Dr. Hönn auf den Markt (zu DDR-Zeit Karl-Marx-Platz) musste. „Dass der Impftag ausgerechnet auf den Markt-Tag fiel“, erinnert sie sich noch mit Freude daran, „hatte man wohl nicht bedacht“. Zum Glück für die Schüler war also eine Schulstunde lang Zeit, um auf dem Kalten Markt zu bleiben. Seit Jahren ist aber dieser Tag in Römhild schulfrei, da die große Hofpause immer mal wieder genutzt wurde, „um auf den Kalten Markt auszubüchsen“, der sich ja mittlerweile bis zur Regelschule hinzog. 

Für manche auswärtige Besucher sei der Kalte Markt gerade in der Zeit von 1961 bis 1972 (dann wurde Römhild aus der „Sperrzone“ herausgenommen) nicht ohne weiteres zugänglich gewesen, da waren Passierscheine gefragt. Doch danach sei es wieder aufwärts gegangen. Damals habe die Baubrigade der Stadt noch die Stände aufgebaut und um die Händler zu halten, „wurden sie von der Stadt mit Kaffee und Kuchen versorgt“, weiß Isabella noch aus eigener Tätigkeit. Und in vielen Jahren habe sich der Ausspruch bewahrheitet: „Entweder du erfrierst oder du ersäufst beim Kalten Markt“. Manche schienen Letzteres bei Wirtshausbesuch wörtlich zu nehmen. Denn neben Deutschem Haus und später Kulturhaus, waren natürlich die Gaststätten „Zur guten Quelle“ (ist es heute noch), die „Bahnhofsgaststätte“ in der Meininger Straße und die „Glücksburg“ am Unteren Tor eine „gute Adresse“ auch noch Jahre nach der Wende, wissen Bärbel Hölzer und Isabella Kariton mit einem hintergründigen Lächeln. Für Insider sei zu DDR-Zeiten das „Hinterzimmer der Glücksburg“ ein heißer Tipp gewesen, weil hier „angeblich verbotene Glücksspiele“ im Gange waren.

Dass der Kalte Markt nicht nur in der jeweiligen Tageszeitung, ob früher oder heute, sondern schon immer landesweite Beachtung fand, zeigt auch ein großer Presse-Beitrag in „Neue Zeit“ von 1979, den Isabella Kariton zeigt. Auch hier wird von einer „traditionsreichen Stätte“ von einem „höchsten Feiertag für Römhild“ gesprochen. Zu dieser Zeit wurde auch das Kulturhaus zum Besuchermagnet. Denn mit dem Bau des Kulturhauses fand der vergnügliche Teil des Kalten Marktes ab 1978 dort statt. „Da ging bei Live-Musik die Post ab, da war Halli Galli angesagt“, weiß auch Bärbel Hölzer von der Stadtverwaltung, die damals als Mitarbeiterin im Kulturhaus tätig war. „Für Vergnügen blieb uns bei diesem Hochbetrieb durch die Bewirtung der Besucher keine Zeit“. Und Isabella hatte zur Bestätigung noch einen anderen Zeitungsausschnitt von 1987 parat.  In einer Mitteilung an die Bürger wurde darüber informiert, dass „die Versorgung auf dem Markt durch HO und Konsum gesichert“ ist. Und an anderer Stelle heißt es: „Im Kulturhaus spielt von 10.00 bis 17.00 Uhr die Heldburger Blaskapelle“.

Und so könnte sie noch manche Geschichten oder Begebenheiten auch aus ihrer Arbeit erzählen. So seien beispielsweise Straßen und Wege ausgemessen worden, um feste Verträge für die jeweiligen Standplätze abzuschließen. Denn die Einweisung der Händler ab 03.00 Uhr konnte seit Ende der 1990er Jahre bei der Vielzahl nicht mehr abgesichert werden. Da gab es die Begegnungen mit Altbürgermeister Clemens Behr von der Partnerstadt Bad Königshofen oder es war Schnee schippen bei -20°C angesagt und anderes mehr. „Das Kulturhaus und das Deutsche Haus, ebenso wie die Glücksburg gehören lediglich noch zur Geschichte des Kalten Marktes“, sagt Isabella und lacht, „doch immerhin, der Kalte Matt is uns gebliebe“, der sie auch im nächsten Jahr wieder anziehen wird.

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