Der 8. Mai, ein Tag der Befreiung für ganz Europa
An der Gedenkstätte auf dem Römhilder Friedhof wurde in einer Gedenkstunde unter Beachtung aller Regeln, das Corvid19 mit sich bringt, an die Opfer des unmenschlichen NS-Regimes gedacht.
Römhild – Etwa 30 Leute waren der Einladung der Initiatoren um dem Römhilder Karl-Heinz Popp, in Zusammenarbeit mit der Kirchgemeinde und der Stadt Römhild zu dieser Gedenkstunde gefolgt. Denn gerade auch in Römhild ist es den Menschen wichtig, der Opfer der Naziherrschaft zu gedenken und sich daran zu erinnern, welche schlimmen Folgen der zweite Weltkrieg für viele Völker der Welt und für Deutschland mit sich brachte.
Der parteilose Karl-Heinz Popp nahm für diese Veranstaltung das Heft des Handelns in die Hand „aus Verantwortung für die Sache“. Denn am 8. Mai 1945, so Popp, sei zwar die faschistische Wehrmacht besiegt worden, aber nicht der Faschismus. Viele Völker begehen diesen Gedenktag, weil etwas gegen das Vergessen getan werden müsse. Dabei erinnerte er an die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985, die über Ländergrenzen hinweg in ganz Europa eine große Resonanz hervorrief. Erstmals wurde auch in der damaligen Bundesrepublik durch Richard von Weizsäcker in aller Deutlichkeit gesagt: „Der 8. Mai ist ein Tag der Befreiung, Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“. Dabei sprach er Opfergruppen konkret an wie z.B. die sechs Millionen Juden, die den Konzentrationslagern ermordet wurden.
Beim Gedenken und Erinnern an die vielen Opfer in den Vernichtungslagern müsse auch an das Arbeitserziehungslager (AEL) vor der Haustür auf dem Großen Gleichberg gedacht werden, wo laut einer Liste 170 Menschen verschiedener Nationalitäten und Alters zu Tode gekommen sind. Dabei müsse vor allem auch der damalige Römhilder Bürgermeister und Obersturmführer Alfred Schmidt genannt werden, so Popp. Aus der Dokumentation zum AEL von Gert Stoi zitierte er einen Gefangenen zur Person Alfred Schmidt, der das Unmenschliche auf den Punkt brachte und sagte: „Das Lager Römhild ist nicht Buchenwald, hier geht es schneller“. Schmidt wird später vom Meininger Landgericht rechtskräftig verurteilt, trat seine Strafe aber nie an und verstarb 1957 in Coburg. „Stehen wir gemeinsam dafür ein, dass sich derartiges nicht wiederholen darf“, so Karl-Heinz Popp abschließend.
Römhilds Bürgermeister Heiko Bartholomäus sprach von einem „denkwürdigen und geschichtsträchtigen Tag, an dem das Leid durch Folter, Vertreibung und Tod“ ein Ende hatte. Doch nur gedenken und erinnern genügten nicht, so Bartholomäus, „wir müssen aktiv dafür eintreten, dass sich so etwas nicht wiederholt“. Das Arbeitserziehungslager Römhild sei dafür ein mahnendes Beispiel. Am Ende der Gedenkveranstaltung legte der Bürgermeister ein Blumengebinde nieder.
Harte Worte gegen das NS-Geschehen fand auch Oberpfarrer Thomas Perlick. Denn auch „die katholische und evangelische Kirche hat sich schwerst schuldig gemacht“, so Perlick, weil es zu 80 Prozent Menschen waren, die einer kirchlichen Gemeinschaft angehört hätten. Diese Schuld könne niemals abgetragen werden, so der Pfarrer. Doch es habe „auch Lichtgestalten wie Dietrich Bonhoeffer“ gegeben, der sich bereits in den 1930er Jahren im Kampf gegen Hitler und die Judenverfolgung engagierte. Nach dem missglückten Attentat auf Hitler geriet auch er in Gefangenschaft und wurde zum persönlichen Feind Hitlers. Vier Wochen vor der Befreiung, am 9. April 1945 veranlasste Hitler seine Hinrichtung im KZ Flossenbürg. Aus der Schuld sollten wir lernen und wissen wo wir stehen, so Perlick. „Und ihr wisst, wo ich stehe“.
Dass auch Römhilder Juden in den Lagern des Hitlerregimes zu Tode gekommen sind, daran erinnerte Hartmut Hoeft aus Hindfeld. „In vielen Jahren habe ich mich mit der Geschichte der Judenbefasst, die ausgerottet wurden“, so Hoeft. Dabei erinnerte an Hein Friedmann und seiner Familie aus Römhild sowie an die Familie Kahn in der Heurichstraße, deren Haus zum „Judenhaus“ erklärt wurde. Alle in Römhild wohnenden Juden hätten hier einziehen müssen, bevor sie in die Vernichtungslager gebracht worden seien. Noch rechtzeitig vor der Pogromnacht (Reichskristallnacht)habe die Familie Friedmann ihre Kinder ins Ausland bringen können. Heinz Friedmann gelangte nach Palästina (Israel) und habe als Überlebender noch einmal 1991 seine Geburts- und Heimatstadt Römhild sowie sein Geburtshaus in der Heurichstraße besucht.
„Lasst uns das Mensch sein neu beweisen“ habe er in seinen persönlichen Aufzeichnungen geschrieben, sagte Hartmut Hoeft. Es sei sein Bestreben gewesen, die Vergangenheit der Römhilder Juden an Kinder und Enkel weiterzugeben. Im Gedenken an alle Kriegsopfer erklang zum Abschluss der Gedenkstunde ein Lied, das damals zum Widerstandaufrief und symbolisch wohl für alle Völker stand. Darin heißt es: „Steh auf, steh auf, du Riesenland! Heraus zur großen Schlacht! Den Nazihorden Widerstand! Tod der Faschistenmacht! Es breche über sie der Zorn wie finstre Flut herein.
Das soll der Krieg des Volkes, Der Sieg der Menschheit sein….“ Ein Song, der Herz, Seele und Verstand berührt.