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Als das Bedheimer Backhaus seine Renaissance erlebte

Erstellt von Kurt Lautensack | | Bedheim

Im Laufe der Zeit sollen in loser Folge Backhäuser und ihre Geschichte(n) vorgestellt werden. Nach Zeilfeld und Mendhausen nun Bedheim.

Bedheim – „Heute back ich, morgen brau ich… ach wie gut das jeder weiß, dass ich Michael Römhild heiß, so könnte man den bekannten Spruch aus dem Märchen abwandeln, weil er dann auf Bedheim zutreffen würde. Denn Michael Römhild, die meisten kennen ihn wohl eher als Leiter des Stadtmuseums in Hildburghausen, ist in Bedheim sowohl Braumeister als auch Ofenmeister. Dabei hat er zwischen Back- und Brauhaus kurze Wege, denn beide sind in einem stattlichen Gebäude untergebracht. Dabei muss zwischen der Brauhaus- und Backhausgeschichte, was das heutige Gebäude betrifft, getrennt werden. Denn das Brauhaus habe bereits existiert, so der Brau- und Ofenmeister, als 1869, da war Bedheim genau 700 Jahre alt (1169, erste urkundliche Erwähnung), der vordere Teil als Backhaus angebaut worden sei. Durch die Sanierung des Gebäudes ist der Anbau nicht mehr sichtbar. Doch wenn man genauer hinsehe, erklärte Michael Römhild, denn sehe man am Längsbalken unter der Dachrinne den entsprechenden Ansatz, genau dort wo das Sandsteinmauerwerk endet. Eine Sonnenuhr ziert seit jeher die Stirnseite des Gebäudes.

Wie das Brotbacken die Bierqualität beim Brauen bestimmte

Doch zunächst noch einmal zurück zum besagten Spruch, der gewissermaßen die Gemeinsamkeit des Backens und Brauens beinhaltet. Doch warum heißt es im Spruch nicht umgekehrt? Die Antwort liegt im Brotbacken, dem wir eigentlich den Geschmack und die Wirkung des Bieres verdanken. Das soll so gekommen sein. Den Grundstein für beides bildet die Hefe, denn ohne sie wäre das Brot oder Brötchen ein plattes Gebilde und das Bier nicht das, was es heute ist. Die Bierhefe lässt den Gerstensaft gären und somit auch den Alkohol und die Kohlensäure entstehen. Deshalb brauten nach den Überlieferungen diejenigen das beste Bier, die im gleichen Haus auch backten. Denn die Hefebestandteile, die nach dem Backen noch einige Zeit in der Luft hingen, lösten sich im Braukessel und bewirkten im Bier eine sogenannte Spontangärung. So hatten die mittelalterlichen Bäcker oder Frauen, die ihre eigenen Brötchen backten und ebenfalls brauten, oft das schmackhafteste Bier. In Unkenntnis mancher biologisch-chemischer Vorgänge, Hefe kam damals noch nicht zum Einsatz, mussten sie sich deshalb oftmals gegenüber den Neidern gegen Anschuldigungen als Hexer oder Geisterbeschwörer wehren.

Heimat- und Feuerwehrverein beflügelt das traditionelle dörfliche Leben

Soweit ein kurzes Abschweifen vom eigentlichen Backen. Bedheim hatte in früherer Zeit zwei Backhäuser, weiß auch die Familie Grete und Lothar Schüler. Neben dem heutigen Backhaus habe ein noch älteres gegeben, das „am Dorfbrunnen am Bach“ gestanden habe, ein Stück oberhalb des heutigen Gebäudes. „Beide Backhäuser waren früher ausgelastet, da alle Familien ihr Brot selbst gebacken haben“, kann sich Grete Schüler noch erinnern. Fast täglich sei gebacken worden, wobei alles nach bestimmten Regeln abgelaufen sei, für die der Backmeister oder oft die Backfrau zuständig waren. Die Reihenfolge wurde ausgelost und beim Abendläuten (18.00 Uhr), was teilweise heute noch in manchen Orten üblich ist, trafen sie diejenigen, die am nächsten Tag dran waren. Zwischen 1960 und 1965 sei das Brotbacken deutlich zurückgegangen, so dass das obere Backhaus abgerissen worden sei. Sein Brot kaufte man beim Bäcker oder im Konsum. Zu Familienfestlichkeiten wurden allerdings noch Kuchen gebacken, bis auch das zum Erliegen kam und der Ofen kalt blieb..

Seine Renaissance erlebte das Bedheimer Backhaus wohl mit einem Backhausfest im Oktober 1989 zum 40. Jahrestag der DDR. Mit der Wende rückten andere tagesaktuelle Probleme in den Vordergrund der Menschen im Ort, bevor man sich den örtlichen kulturellen und geselligen Geschehen zuwandte. Denn 1994 stand die 825-Jahrfeier des Ortes bevor. Zwei Jahre zuvor hatte sich der Feuerwehrverein gegründet, der zum Jubiläum das Backhausfest wiederbelebte. Sehr schnell erkannten die Bedheimer, dass man sich nicht verzetteln darf und so schlossen sich der „Heimat- und Feuerwehrverein“ 1997 zusammen und übernahm nun in gemeinsamer Arbeit das Backhausfest, das schließlich zur Tradition wurde.

Von Beginn an über 10 Jahre unermüdlich in der Küche und im Backhaus dabei, wenn es galt, Dätscher, Zwiebelkuchen oder nasse Kuchen aufs Blech und in den Ofen zu bringen, Grete und Lothar Schüler. Dass es darüber hinaus eines großen Helferteams mit langer Namensliste bedarf, erübrigt sich fast zu sagen. Schließlich geht einem solchen Fest eine arbeitsintensive Vorbereitung voraus, bevor die Kuchen ofenfrisch aus dem Backofen kommen. Um den Andrang nach Zwiebelkuchen und Dätscher gerecht zu werden, nutzte das Backhausteam sogar einen fahrbaren Backofen, der noch im Besitz des Vereins ist. Ofenmeister war lange Zeit Karl Luther, der schließlich das hohe Amt an Michael Römhild übergab, der sich schon seit dem Kauf der ehemaligen Mühle 1998 als Wahl-Bedheimer aktiv in das dörfliche Leben, insbesondere in das Back- und Braugeschehen einbrachte.

Er kennt vor allem auch die jüngere Geschichte des Gebäudes und erinnert an die komplette Sanierung des Ofens 2014 im Rahmen der Dorferneuerung. Dabei hatte der Architekt oder die Ofenfirma wohl nicht an die größeren runden Bleche gedacht, als man die neue Ofentür einbaute. Der Backofen bietet Platz für neun Kuchenbleche, lediglich die ganz großen Bleche müssen draußen bleiben. Aber die passen ja vielleicht noch in die „fahrbare Bäckerei“. Was die Kuchenanzahl insgesamt bei einem Backhausfest betrifft, so führt Ofenmeister Michael Römhild genau Buch. Gemessen am Backhausfest im Jubiläumsjahr 2019 nimmt sich die Kuchenanzahl von 1994 mit 55 eher bescheiden aus. 2019 verließen 113 Dätscher, 72 Zwiebelkuchen und 23 nasse und trockene Kuchen den Ofen.

Doch leider muss der Ofen Corona bedingt immer noch kalt bleiben, obwohl man sofort loslegen könnte. Denn Reisig sei ausreichend und trocken gelagert, meinte Wolfgang Juch, der sich an den letzten großen Waldeinsatz von 2014 erinnert. Außerdem falle privat auch immer wieder Reisig an. Doch vorerst müssen die Vereins- und Backhausfreunde noch warten, ehe es wieder heißt: „Backe, backe Kuchen, der Ofenmeister hat gerufen“.

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